Auslandsfreiwilligendienste nehmen mittlerweile einen wichtigen Teil der Entwicklungszusammenarbeit ein. Zumeist ausgerichtet auf junge Menschen, die kürzlich ihren Schulabschluss erworben haben, ermöglichen sie ihnen einen Zugang in die weite Welt der internationalen Beziehungen. Dabei variieren die Angebote in Gestaltung, Dauer und Art der Einsatzstellen.
Die grundlegende Unterscheidung der Programme ist in gesetzlich geregelte und sog. Flexible Freiwilligendienste.
Erstgenannte sind selbsterklärend staatliche Programme und somit teilweise gefördert, sie müssen dafür bestimmte Voraussetzungen in Ablauf und Dauer erfüllen. Wichtige Beispiele hierfür sind
weltwärts: https://www.weltwaerts.de/de/
IJFD (internationaler Freiwilligendienst): https://www.ijfd-info.de/startseite.html
EFD (europäischer Freiwilligendienst): https://europa.eu/youth/volunteering/evs-organisation_de
und für Menschen ab 30 Jahren: http://www.internationale-freiwilligendienste.org/home.html .
Möchte jemand seinen Freiwilligendienst explizit in der Permakultur durchführen, gibt es auch hierfür einfache Suchmöglichkeiten:
Außerdem ist auch ein Volontariat bei einem Großteil der Do ut Des Projekte möglich. Entsprechendes ist bei den Projektbeschreibungen auf unsere Website vermerkt.
Weitere interessante Projekte in der Permakultur für einen möglichen Freiwilligendienst sind:
http://www.permaculture-eastafrica.com/zanzibar/idea/
oder in Deutschland:
https://permakultur.de/ort/oekodorf-sieben-linden/
Aber auch Kritik an Freiwilligendiensten wird insbesondere in der Entwicklungzusammenarbeit laut. Das Verhalten wird als im Schatten des Neokolonialismus stehend gedeutet, eurozentrisch und paternalistisch.
Eine Zusammenfassung basierend auf Veröffentlichungen des Glokal e.V. , Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlags und der Stiftung Nord-Süd Brücken.
Auslandsfreiwilligendienste – zwischen karrieristischem Altruismus und unterschwelligem Rassismus
Die Möglichkeit, einen Freiwilligendienst im Ausland zu durchzuführen, ist weit verbreitet und steht in einem positiven Licht. Sehen einige darin noch den Nachfolger des Zivildienstes und einen anerkannten Weg, sich zwischen Schulabschluss und beruflicher Ausbildung bzw. Studium ein Jahr Pause zu gönnen, ohne dabei untätig zu sein, haben ihn andere schon fest als Teil ihrer Karrierelaufbahn eingeplant.
Häufig führt der Weg die jungen Menschen dabei in den globalen Süden, das Engagement dort wird Zuhause als sinnvoll angesehen und die gewonnenen Erfahrungen können sich als Sprachkenntnisse, interkulturelle Kompetenzen und Offenheit in einen Lebenslauf schreiben lassen.
Fest steht also: ein Freiwilligendienst bereichert den*die, der*die ihn durchführt. Für die Organisationen, die die freiwillige Hilfe erhalten, kann man das so allerdings nicht immer festhalten.
Das Konzept, junge Freiwillige in Entwicklungsländer und andere Länder des globalen Südens zu entsenden, steht in einer langen paternalistischen Tradition und steckt noch immer in eurozentrischen und postkolonialen Strukturen und es ist dringend notwendig, hierfür ein größeres Bewusstsein zu schaffen.
Der Aufbau entwicklungspolitischer Partnerschaften, die auch Freiwilligendienste organisieren, ist häufig von grundlegenden Schwierigkeiten geprägt.
Diese fangen schon bei der Partizipation der Süd-Partner an. Solange die meisten der Geldgeber im globalen Norden beheimatet sind, sind es auch die dortigen Organisationen und Institutionen, die auf die Verteilung des Geldes Acht geben. Die Süd-Partner befinden sich also während der Zusammenarbeit in ständiger finanzieller Abhängigkeit und Rechenschaftspflicht, ihnen bleibt dabei häufig kein Einfluss auf die Auswahl der Freiwilligen, die Trägerorganisationen, von denen sie entsandt werden oder die Höhe der für sie berechneten Kosten. Die Zusatzleistungen, wie die Einarbeitung der Freiwilligen, deren seelische Unterstützung und die Visa-Besorgung werden dabei häufig nicht entlohnt.
Ein weiterer wichtiger Punkt der strukturellen Defizite ist die erstaunlich homogene Gruppe derer, die diese Freiwilligendienste durchführen können.
Auch in Deutschland und anderen Ländern des globalen Nordens ist es nicht immer für jeden einfach, einen solchen Auslandsaufenthalt durchzuführen. Einige der Programme sind nur für Menschen mit einem bestimmten Bildungsstandart, zumeist einer abgeschlossenen Schulausbildung, vorgesehen, für andere muss Geld bezahlt werden, das nicht jeder hat.
Noch ferner liegt diese Möglichkeit allerdings für potentielle junge Freiwillige aus dem globalen Süden. Lassen sich für die meisten Interessierten aus dem globalen Norden passende Programmangebote finden, gibt es nur eine verschwindend geringe Anzahl an Möglichkeiten, einen entsprechenden Rückaustausch durchzuführen. Zudem genießen die Süd-Freiwilligen hier aufgrund Hautfarbe, Pass etc. häufig nicht dieselben Privilegien wie ihr Pendent aus dem Norden.
Dabei wäre gerade ein ernstzunehmendes Süd-Nord Austauschprogramm ein gutes Mittel, den Stereotypen entgegenzuwirken und ein Verhältnis aufzubauen, das ein weniger herabsetzendes Gefühl bei denen auslöst, die Hilfe empfangen und den Hilfeleistenden nicht ständige Überlegenheit impliziert.
Ein weiteres großes und sehr ernstzunehmendes Problem ist die mangelnde Vorbereitung der Freiwilligen auf das, was sie erwartet und unzureichende Aufklärung über das, was sie mit sich bringen. Angefangen mit dem Umstand, dass sie in ein Land entsandt werden, erweckt den Eindruck dieses Landes als „unfertig“. Die Freiwilligen fühlen sich -oft, nicht für jeden einzelnen gesprochen- in einer helfenden und somit überlegenen Position, obwohl es sich häufig um Schulabsolvent*innen handelt, die deutlich weniger Erfahrung haben als die Arbeitenden der Einsatzstellen. Wird etwas von den Nord-Freiwilligen kritisiert, betrifft dies häufig Grundsatzthemen, die Kritik steht damit nicht im Vergleich dazu, wie sie eventuell im eigenen Land bei einer vergleichbaren Stelle geäußert würde.
Die eigenen Fähigkeiten werden nach westlichen Maßstäben gemessen, mit denen der anderen verglichen und so schnell überschätzt.
Diese Grundhaltung lässt sich auch in vielen der Internetblogs und anderen Medien finden, die Reisende über ihre Erlebnisse verfassen. In der Tradition der Reisebereichte früherer Kolonialherren stehend, dienen sie dazu, andere an dem Erlebten teilhaben zu lassen und richten sich dabei häufig unterbewusst nur an das weiße Publikum Zuhause. Bestehende Klischeevorstellungen werden reproduziert, alles mit dem Bekannten abgeglichen und bewertet, anstatt auf mögliche Gemeinsamkeiten zu achten.
Auch in der zugehörigen Fotoreihe lassen sich diese Stereotype schnell finden. Fotografiert wird das, was uns an bekannten Motiven aus den Medien erinnert, eine idyllische Dorfszenerie wird eher als eine laute, moderne Stadtstraße fotografiert.
Die Trophäe, das Bild geschossen zu haben, macht den*die Fotograf*in zum Eigentümer der Szenerie, sie wird als Teil der Erfahrungsreise und Bestätigung einer romantisierten Vorstellung, was Armut harmonisch und Kultur exotisiert darstellen lassen kann.
Die Erlebnisse werden schnell als Ausflug zu exotischen Reisezielen gesehen, die zur Selbstverwirklichung und -findung der Freiwilligen und ihrer Auslebung des Helfersyndroms genutzt werden können und dementsprechend wird Zuhause berichtet, mit Beweisen auf den Fotos.
Natürlich soll das die Freiwilligendienste an sich nicht herabsetzen. Es ist gut, wenn sich eine steigende Anzahl junger Menschen bewusst mit globalen Zusammenhängen auseinandersetzen und international Erfahrungen sammeln, dies muss bloß in einem aufrechten Ton mit genügender Vorbereitung geschehen.
Und natürlich können die jungen Freiwilligen darüber berichten und somit einige andere über die Arbeit aufklären und dabei auf Ursachen und Gegenstand von Machtungleichheiten aufmerksam machen, dies sollte sich aber in einem Rahmen bewegen, der weder Situation noch den Menschen verfälscht oder einseitig darstellt, zumal er*sie vielleicht nicht einmal fotografiert werden will.
Bei Berichten kann darauf geachtet werden, nicht nur an seinen eigenen Maßstäben zu messen, sondern anders Wahrgenommenes so zu akzeptieren, als wäre es keine Abweichung einer allgemeinen, westlich standardisierten Norm.
Auch bei Freiwilligen, die aus dem Süden nach Deutschland kommen, tut sich etwas. Hierfür gibt es mittlerweile das „weltwärts Süd-Nord“ Programm, das für einige junge Menschen die Austauschreise hierher ermöglicht und das bestenfalls zu einem in der Machtverteilung ausgeglicheneren Partnerschaftsverhältnis führen kann.
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Voluntourismus (pdf)